Ein Jahr unterwegs mit Testklassen Digitalisierung / Teil 3
«Wir arbeiten viel mehr digital»
Ladina Guida, 6. Klasse Primarschule Erlenmatt
Die erste Euphorie hat sich etwas gelegt. Doch Ladina Guidas Schülerinnen und Schüler arbeiten weiterhin sehr gern mit ihren persönlichen Geräten, die sie nach den Herbstferien erhalten haben. «Der Einstieg war steil, wir haben sofort viel mehr digital gearbeitet. Inzwischen hat sich das auf diesem Niveau eingespielt. Etwa ein Drittel meines Unterrichts findet digital statt», so Guida. «Vor Weihnachten liess ich die Kinder digital eine Wintergeschichte schreiben. Einige Texte haben wir dann an Senevita weitergeleitet (das benachbarte Angebot für betreutes Wohnen und Pflege, die Red.). Gleichzeitig habe ich alle Geschichten in einem digitalen Buch zusammengefasst und auch den Eltern in digitaler Form zukommen lassen.»
Anders als zu Beginn nutzen die Schülerinnen und Schüler den Klassenchat auf Teams nur noch für schulische Fragen und Nachrichten. Sie haben gelernt, Schulisches und Privates zu trennen. Für Letzteres nutzen sie ihre WhatsApp-Kontakte, sagt die Lehrerin. Mit den Geräten kommen die Schülerinnen und Schüler bisher gut zurecht. Es sind Convertibles, die sowohl mit Tastatur als auch mit Touchpad nutzbar sind. Es gibt immer mal wieder technische Probleme, so Ladina Guida. Geräte steigen aus, weil sie nicht oder nicht genügend geladen sind, oder Dokumente verschwinden nach dem Speichern. Sie müsse aber noch herausfinden, woran das liege. Die Hotline des ServiceDesk steht telefonisch zur Hilfe bereit. Die Kinder werden ermutigt, selbstständig Kontakt mit dem ServiceDesk aufzunehmen.
Im Schulhaus Erlenmatt gibt es zwei Testklassen Digitalisierung. Demnächst wird ein vertiefter Austausch zwischen den beiden Klassen und den Lehrpersonen stattfinden. Corona-bedingt wird dieser Austausch digital über Microsoft Teams abgehalten.
Yvonne Reck Schöni
«Gerne wüsste ich schon mehr»
Susanne Jutzeler,
1. Klasse Sekundarschule St. Alban
Das Pilotprojekt Digitalisierung brachte zwei herausfordernde Aspekte mit sich. Zum einen die Technik: neue Geräte, neue Programme und deren Anwendungen. Zum anderen der pädagogische Umgang damit. «Man muss sich im Dschungel der virtuellen Informationen zurechtfinden und darf sich nicht mit der erstbesten Auskunft zufriedengeben. Das ist für Teenager besonders schwierig.» Sie müssen sich bei allem, was sie im Netz finden, fragen, ob das nun stimmt oder nicht. Und ob sie diese Erklärung tatsächlich weiterbringt.
Im Musikunterricht musste ihre Klasse online recherchieren. Anhand der gefundenen Infos sollten sie definieren, was genau ein Ton ist. Dabei kamen unterschiedlichste Beiträge heraus. «Gewisse Definitionen klangen zwar gut, doch nachdem ich einzelne Schülerinnen und Schüler gefragt habe, ob sie ihre Auslegungen wirklich verstehen, haben sie den Kopf geschüttelt», sagt Susanne Jutzeler. Wenn man im Internet unterwegs ist, muss man die Dinge kritisch hinterfragen. Das Vermitteln dieser Vorgänge holt die Klasse manchmal aus ihrer bequemen Lage heraus. Dabei entstehen spannende Gespräche mit den Jugendlichen.
Im Kollegium hört sie von unterschiedlichen Fortschritten der Pilotklassen. Während die einen daran arbeiten, die Grundlagen von MS Word zu lernen, sind andere bereits viel weiter und beschäftigen sich mit den Funktionen von OneNote.
Persönlich wünscht sich Susanne Jutzeler momentan vor allem eines: mehr Zeit, um sich noch besser mit den Testgeräten vertraut zu machen. «Wenn ich mit magischen Fingern schnippen könnte, wüsste ich schon viel mehr. Etwa wie man mit den EduBS-Books arbeitet, ich würde schon alle Kniffe und Funktionen kennen…» Aufgrund einer übernommenen Stellvertretung und der allgemein angespannten Corona-Lage bleibt gerade nicht viel Zeit neben dem Unterricht. Das Know-how zu den E-Book-Programmen eignet sich die Klassenlehrerin Schritt für Schritt an. Sie habe ohnehin keine grossen Pläne in den Fasnachtsferien, so wie die meisten. Bis dahin ist auch die Stellvertretung beendet. «Es kommt also eine Zeit, in der ich mich so richtig reinknien kann. Und dann mache ich gemeinsam mit der Klasse einen weiteren – digitalen – Schritt vorwärts.»
Jacqueline Visentin
«Wir holen alle ins Boot»
Thomas Biehler,
Zentrum für Brückenangebote Gundeldingen
Für die Testklasse am ZBA-Standort Gundeldingen ist der Einsatz der Testgeräte vom Typ «HP Elite x2 G4» nach ein paar Monaten fast schon zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Die Schülerinnen und Schüler schreiben beispielsweise ihre Bewerbungen für Praktika oder Lehrstellen auf ihren persönlichen Geräten und verschicken sie auch per Mail. Auch in der sogenannten «Prima»-Klasse, in der Jugendliche mit einer Empfehlung der IV-Berufsberatung in kleineren Lerngruppen und mit einer intensiveren Begleitung durch Heilpädagogen unterrichtet werden, bringen die Geräte nach den Erfahrungen ihres Klassenlehrers Thomas Biehler einen erheblichen Mehrwert für den Unterricht.
Die Schülerinnen und Schüler der ZBA-Testklasse gehen auch sorgfältig und diszipliniert mit dem nicht ganz billigen Schulmaterial um, das ihnen Jahre vor der geplanten flächenmässigen Einführung der Geräte am ZBA zur Verfügung gestellt wird: «Die Begeisterung vom Anfang ist nach wie vor vorhanden. Bisher habe ich jedenfalls kaum Probleme damit gehabt, dass jemand am digitalen Unterricht nicht teilnehmen konnte, weil er sein persönliches Gerät nicht dabei hatte oder es nicht einsatzfähig war.» Mittlerweile hat die Klasse die Tools so weit im Griff, dass im Bedarfsfall eine Umstellung auf Fernunterricht via Teams auch mit dieser betreuungsintensiven Klasse möglich wäre.
Obwohl die Lehrpersonen der übrigen ZBA-Standorte erst im Laufe des Schuljahrs 2022/23 mit persönlichen Geräten ausgerüstet sein werden, kommen bereits jetzt alle Lehrpersonen in den Genuss von Weiterbildungen, damit alle fünf Schulstandorte auf den Zug der Digitalisierung aufspringen können. Die Schulleitung hat dazu eine Projektleitung eingesetzt, die mit Vertretungen aus dem Kollegium eine «Spurgruppe» bildet. In dieser sind aus allen ZBA-Standorten bewusst nicht nur computeraffine Lehrpersonen dabei. Das Ziel der Schulleitung ist es, schon frühzeitig alle ins Boot zu holen und aus der Praxis heraus Mindeststandards festzulegen. Sogenannte Multiplikatoren stellen dabei sicher, dass erworbenes Wissen an den Standorten weitergegeben wird und der Support bei der Anwendung der Tools niederschwellig vor Ort gewährleistet wird. Eine solche interne Vernetzung fördere die Kollaboration und sei für die weit verzweigte Schule sehr nützlich, ist Bühler überzeugt – nicht nur was die Digitalisierung des Unterrichts angeht.
Peter Wittwer