Sie sind hier: Startseite / Publikationen / Basler Schulblatt / Artikel / Proben mit Musikprofis

Artikelaktionen

Proben mit Musikprofis

25.04.2022
Ein einzigartiges Projekt ist in der Primarstufe Insel angesiedelt: die Orchesterschule Insel. Rund 60 Kinder nutzen mittlerweile das Angebot. Mit dem Sinfonieorchester Basel bringen sie als nächstes Mitte Mai die Oper «Die drei Rätsel» von Detlev Glanert im Stadtcasino zur Aufführung. Ein Augenschein bei einem Probenwochenende.
Bild Legende:
Schülerinnen und Schüler üben unter Anleitung von Musikpädagogin Dorothee Mariani. Fotos Anna-Lydia Florin

Dorothee Mariani ist die Begeisterung anzumerken für ihr Projekt, die Orchesterschule Insel. Nur wenige Minuten nachdem die Leiterin von der Redaktion des Basler Schulblattes per E-Mail kontaktiert wird, ruft sie bereits an – und kommt sofort ins Schwärmen. Die Orchesterschule erfreue sich zunehmender Beliebtheit, sagt sie. Auch Schülerinnen und Schüler aus anderen Schulhäusern seien unterdessen beteiligt. Kurz: Ein Probenbesuch lohne sich.

Die Begeisterung von Mariani ist ansteckend – und macht neugierig. Die Schulblatt-Redaktion nimmt deshalb im März gerne einen Augenschein bei einem der beiden Probenwochenenden für die Konzerte am 12. und 13. Mai im Stadtcasino Basel. Zusammen mit Ensemble-Mitgliedern des Sinfonieorchesters Basel üben die Schülerinnen und Schüler im Schulhaus Insel für die gemeinsame Aufführung der Oper «Die drei Rätsel» des deutschen Komponisten Detlev Glanert. Das ist ein wahrhaftiger Coup: Das Sinfonieorchester Basel ist eines der ältesten und bedeutendsten Orchester der Schweiz, und Glanert ist ebenfalls ein bekannter Name in der Branche.

Konzentrierte und fröhliche Stimmung

Mit Begeisterung sind auch die Schülerinnen und Schüler bei der Sache. Nach einer kurzen Begrüssungs- und Vorstellungsrunde in der Aula proben sie an mehreren Orten im Schulhaus für den grossen Auftritt. In einem Zimmer üben sechs Kinder unter Anleitung von Musikpädagogin Mariani am Cello. Im Zimmer nebenan unterrichtet Làszlò Fogarassy, Violinist beim Sinfonieorchester Basel, fünf Kinder in Geige und Bratsche. Neben Fogarassy ist auch dessen Kollegin Rodica Kostyak bei den Proben dabei. In der Aula singt und tanzt derweil der vielköpfige Chor mit Regisseurin Maria Riccarda Wesseling. Und im Textilraum arbeiten fünf Mädchen mit zwei Lehrerinnen an den Kostümen. Überall herrscht eine auffallend konzentrierte und fröhliche Stimmung.

Der 15-jährige Tawan spielt Geige und sagt. «Ich bin in der Orchesterschule, weil es mir Spass macht, in dieser Gruppe Musik zu machen.» Noah (elf Jahre, Kontrabass) sagt: «Es macht Freude, hier zusammen mit den anderen Kindern ein Instrument zu lernen.» Und Anjay (zwölf Jahre, Cello) ergänzt: «Es macht Spass, zusammen mit richtigen Profis des Sinfonieorchesters Basel spielen zu dürfen und von ihrer Erfahrung zu lernen.»

Rund 60 Schülerinnen und Schüler

Bild Legende:
Eine konzentrierte Stimmung herrscht beim Probenwochenende.

Tawan, Noah und Anjay sind drei von rund 60 Schülerinnen und Schülern, die aktuell bei der Orchesterschule mitmachen. Tendenz steigend. Rund zwei Drittel davon sind auch bei den Aufführungen Mitte Mai im Stadtcasino Basel dabei. Mariani, seit 2013 Lehrerin am Schulhaus Insel, hat die Orchesterschule im Dezember 2015 gegründet. Die Idee hinter dem Projekt ist bestechend einfach: In Zusammenarbeit mit Berufsmusikerinnen und Berufsmusikern des Sinfonieorchesters Basel erhalten interessierte Kinder weiterführenden Unterricht an dem Instrument, für das sie sich in der zweiten und dritten Primarklasse entschieden haben. Der Unterricht an der Orchesterschule ist gratis. Die Kinder bekommen ein Instrument zur Verfügung gestellt, das sie zum Üben auch mit nach Hause nehmen können. Neben regelmässigen Konzerten findet zudem einmal pro Jahr ein mehrtägiges Orchesterlager statt.

Innert kurzer Zeit ist die Orchesterschule Insel aus dem multikulturellen Kleinbasler Klybeckquartier zu einem Vorzeigeprojekt geworden. Hin und wieder wird auch in den Medien über die Orchesterschule Insel geschrieben. So berichtete im Februar 2020 Verena Naegele in der Schweizer Musikzeitung über ein Konzert im Musicaltheater in Basel, bei dem die Kinder der Orchesterschule – dirigiert vom Chefdirigenten Ivor Bolton und Seite an Seite mit dem Sinfonieorchester Basel – unter der schwungvollen Leitung des Weltklassepianisten Lars Vogt Beethovens Ritterballett-Musik zum Besten gaben. Naegele schrieb damals, es sei «erstaunlich, mit welcher Akribie und Feinfühligkeit» die Kinder ihr Können auf die Bühne bringen.

Orchesterschule hat sich entwickelt

Sehr positiv äussert sich auch das Sinfonieorchester Basel über die gemeinsamen Projekte mit der Orchesterschule Insel. Für die Vermittlungsarbeit des Orchesters habe die Zusammenarbeit mit der Orchesterschule Insel einen «hohen Stellenwert», hält Hans-Georg Hofmann, Künstlerischer Leiter des Sinfonieorchesters Basel, auf Anfrage des Basler Schulblattes fest. Diese Kooperation hebe sich von den vielen punktuellen Edukationsprojekten ab, da ihr eine Kontinuität in Planung und Umsetzung zu Grunde liege, die einen langfristigen, substanziellen Aufbau ermögliche. Die künstlerischen Resultate hätten zudem immer überzeugt, so Hofmann weiter. Im Vergleich zu den ersten Konzerten habe sich die Leistungsstärke der Orchesterschule erheblich entwickelt. Die Mitwirkung von Kindern bei einer Opernproduktion mit Profis garantiere zudem «unvergessliche Erlebnisse».

Erfahrungen für das ganze Leben

Doch zurück zum Probenwochenende im Schulhaus Insel. Unterdessen ist eine kurze Pause angesagt. Leiterin Dorothee Mariani ist zufrieden mit dem bisherigen Probenverlauf. Es sei toll, sagt sie. «Die Kinder machen super mit. Alle Beteiligten investieren sehr viel Arbeit. Die Schülerinnen und Schüler lernen zudem mehr, als bloss ein Instrument zu spielen», sagt sie. «Den Kindern wird auch Verbindlichkeit beigebracht. Sie realisieren, dass man dranbleiben muss, um ein Ziel erreichen zu können. Auch wenn es schwierig ist. Diese Erfahrungen können sie für das ganze Leben brauchen.»

Von «extrem wertvollen Erfahrungen» für die Kinder spricht auch Annettina Prevost, Mitglied des Vereinsvorstandes der Orchesterschule Insel. Prevost beobachtet das Probenwochenende mit grossem Interesse. Sie hat selbst eine Tochter, die in der Orchesterschule mitmacht. Mariani hat derweil bereits einen weiteren Auftritt im Hinterkopf: das Sommerkonzert im Juni in der Theodorskirche beim Wettsteinplatz. Darauf freue sie sich ebenfalls schon, sagt sie – und kehrt zurück zu den Proben für die Oper «Die drei Rätsel». Mit ungebrochener Begeisterung.  Valentin Kressler

www.orchesterschule-insel.ch

Einblick in die Proben

abgelegt unter: , ,