Sie sind hier: Startseite / Publikationen / Basler Schulblatt / Artikel / «Ein Grad weniger heizen spart sechs Prozent»

Artikelaktionen

«Ein Grad weniger heizen spart sechs Prozent»

10.11.2022
Matthias Nabholz leitet das Amt für Umwelt und Energie in Basel-Stadt. Somit darf man ihn als obersten Energiesparer im Kanton bezeichnen. Im Gespräch mit dem Basler Schulblatt erklärt er, wie Lehrpersonen und Schulleitungen mithelfen können, damit wir diesen Winter nicht in eine Mangellage schlittern.
Bild Legende:
Matthias Nabholz: «Es ist halt einfach eine Tatsache, dass beim Heizen mit Abstand am meisten eingespart werden kann.» Foto: Grischa Schwank

Matthias Nabholz, wenn man in einem Schulsekretariat nachts den Computer ausschaltet, spart das nur minim Strom. Muss man sich die Mühe überhaupt machen?

Matthias Nabholz: In der Summe machen auch kleinste Einsparungen Sinn. Und gerade die erwähnte Massnahme macht nicht weh und ist leicht umsetzbar, deshalb finde ich sie gut. Wenn man sich einmal hinsetzt und fünf Minuten überlegt, ob das Ladegerät immer eingesteckt sein muss oder man die eine oder andere Autofahrt mit dem Velo absolviert, dann kommen viele Dinge zusammen. Parallel dazu überlegen sich natürlich auch im Kanton die verschiedenen Departemente, was möglich ist.

Was hat Sie persönlich eigentlich am meisten überrascht, als Sie und Ihre Leute den Stromverbrauch unserer Stadt unter die Lupe nahmen?

Ich war überrascht, wie wenig Strom die Weihnachtsbeleuchtung in der Freien Strasse verbraucht. Es sind gerademal 8000 Kilowattstunden, also so viel wie zwei Haushalte jährlich. Deshalb kann man die Beleuchtung in reduzierter Form auch in diesem Jahr belassen. Speziell, weil das warme Licht abends in der Stadt den Menschen guttut. Das ist mir nämlich auch ein Anliegen: Man kann nicht immer alles nur auf dem Papier entscheiden. Bei gewissen Dingen gibt es auch den psychologischen Aspekt.

Dann kann man aber auch sagen, dass wir es noch gemütlich fänden, wenn unser Departement oder die Schulhäuser der Sek I und II wie in vergangenen Jahren wohlig warm geheizt würden.

Es ist halt einfach eine Tatsache, dass beim Heizen mit Abstand am meisten eingespart werden kann. Gerade in historischen Gebäuden, die traditionell schlechter isoliert sind als modernere Häuser. Die Faustregel: Ein Grad weniger heizen spart rund sechs Prozent Energie. Und wenn man dann noch nach Möglichkeit in einem Gebäude oder einem Schulhaus nur die Räume heizt, die auch wirklich benutzt werden, dann kommen wir hier wirklich voran. Man darf bei diesen Überlegungen in öffentlichen Gebäuden aber eines nicht vergessen: die Sicherheit. Das haben wir zum Beispiel bei den Parkhäusern gesehen. Eine reduzierte Beleuchtung hat Auswirkungen auf das Sicherheitsempfinden der Benutzerinnen und Benutzer.  

Wenn man im Freundeskreis Diskussionen führt, dann gibt es das Team «Diend doch nid so blööd, ziehnd aifach e Pulli aa» und auf der anderen Seite tönt es: «D Herbschtmäss het aber au stattgfunde.» Wie schwierig ist es, in dieser aufgeheizten Stimmung, die Leute zum Stromsparen zu animieren?

Es ist schwierig. Sehr viel schwieriger, als das in einer Gesundheitskrise wie Corona der Fall war. Bei Corona war klar: Ziehe ich eine Maske an, schütze ich mich und andere vor dem Virus. Das Thema Energie ist weniger greifbar. Grundsätzlich ist es so, dass immer dann, wenn man auf einen Knopf drückt oder einen Schalter betätigt, Strom verbraucht wird. Unterlässt man dies, dann spart man zwar Strom und tut etwas für die Allgemeinheit, man merkt es selbst aber gar nicht. Dies zu vermitteln, ist eine grosse Herausforderung. Ich bin aber überzeugt: Die Gedanken, die wir uns heute in dieser Situation machen und die Massnahmen, die wir beschliessen – die werden uns auch in Zukunft zu Gute kommen. Und wenn wir uns jetzt alle anstrengen, dann ist die Chance gross, dass die späteren und viel unangenehmeren Szenarien nicht eintreten. Das sollte uns alle dazu motivieren, einen persönlichen Beitrag zu leisten.

Es sollte uns zwar motivieren, aber braucht es nicht auch etwas sanften Druck. Oder gar eine Stromsparpolizei?

Nein, eine rigorose Aufsicht und Kontrollen braucht es in der jetzigen Phase sicher nicht. Aber nehmen wir das Beispiel Kaffeemaschine. Viele Leute trinken gerne Kaffee und das soll auch weiter möglich sein. Dazu muss aber nicht in jedem Büro eine eigene Maschine stehen. Und man kann sich, zum Beispiel in einem Lehrerzimmer, durchaus überlegen, ob man die Maschine immer dann ausschaltet, wenn sie sowieso nicht benutzt wird. Oder Lifte sind auch ein gutes Beispiel. Wenn man im Winter auf das Liftfahren verzichtet und die Treppe nimmt, dann spart man einerseits Strom und tut auch gleich noch etwas für die Gesundheit. Solche Beispiele meine ich. Der Komfortverzicht ist minim, aber wenn man das konsequent und überall macht, spart man eine Menge Strom.

Gibt es zum Schluss eigentlich den ultimativen Energiespartipp?

Es gibt verschiedene Ebenen. Es kann jeder für sich selbst überlegen, wo er etwas einsparen kann. Das ist Punkt eins. Und dann gibt es die Variante, dass man als Gemeinschaft zusammenkommt und Vorschläge macht. Wir haben das im AUE mit dem ganzen Team gemacht. Da kamen viele interessante Massnahmen zur Sprache, sogar für unser nigelnagelneues Gebäude. Das wäre allenfalls auch in einem Schulhaus eine Möglichkeit. Vielleicht sogar unter Einbezug der Schülerinnen und Schüler. Ich stelle immer wieder fest: Die Menschen, die in einem Gebäude oder in einer Schule arbeiten, die wissen sehr oft am besten, wo Einsparungen möglich sind.

Interview: Simon Thiriet

abgelegt unter: ,