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Zweiter Teil der Serie zur sprachbewussten Schule

28.11.2022
Welche Fachbegriffe müssen meine Schülerinnen und Schüler können? Wie setzt man sprachbewussten Unterricht im Schulhaus um? Und wie merkt man, ob sich der Aufwand lohnt? Im zweiten Teil der Serie zur sprachbewussten Schule blicken wir auf Methoden und Elemente, die sich bei der Umsetzung bewährt haben.
Bild Legende:
Sprachbewusster Unterricht ist eine gute Sache und ein Entwicklungsschwerpunkt vieler Basler Schulen. Foto: Regula Rohland

«Was ist der richtige Umgang mit Fachtexten?»

Passivkonstruktionen, Substantivierungen, komplizierte Grafiken oder im Vergleich zur Alltagssprache veränderte Wortbedeutungen: Fachtexte enthalten Eigenheiten, die für Schülerinnen und Schüler zum Teil schwer zu entschlüsseln sind. Die Lösung heisst nicht, Fachtexte möglichst auf Alltagssprache herunterzubrechen. Vielmehr benötigen Schülerinnen und Schüler ein Gerüst von Hilfsmitteln und Strategien, sogenannte Scaffolds, die ihnen helfen, einen Fachtext zu strukturieren und zu verstehen. Mit dem Methodenpool des Mercator-Instituts für Sprachförderung verfügen Lehrpersonen über ein vielfältiges und flexibles Werkzeug für Lesestrategien und ganz allgemein für die sprachbewusste Bearbeitung von Themen.

«Es braucht einen vereinbarten Fachwortschatz am Schulstandort»

Innerhalb der Bildungssprache kommt der Fachsprache eine wichtige Rolle zu. Sprachbewusst unterrichten heisst, dass man bei schwächeren Schülerinnen und Schüler den Fachwortschatz nicht vermeidet, sondern sie beim Verständnis und der Anwendung bewusst unterstützt. Die Broschüre «Fachdingsda» stellt Fachtermini für alle Fachbereiche praktisch und übersichtlich zusammen. Das «Fachdingsda» eignet sich als Diskussionsgrundlage, um sich im Kollegium auf einen gemeinsamen, für alle verbindlichen Fachwortschatz zu einigen. Dieser legt den Grundstein für den sprachbewussten Fachunterricht am Standort.

«Sprache mit Konkretem verbinden»

Wie riecht das nasse Herbstlaub auf der Wiese? Wie fühlt sich das Tetraeder an, das im Mathematikunterricht eingeführt wird? Viele Kinder bringen von sich aus eine Neugierde und Lernerwartung mit, bei einigen Kindern fehlt jedoch diese Bereitschaft. Sie haben ein passives Vorwissen und brauchen Hilfe beim Aktivieren ihrer Lernerwartung. Das Erleben und Beschreiben von inneren Bildern sowie das Verbinden von Fachwörtern mit realen Gegenständen schaffen einen Bezug zur Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler und helfen ihnen, neue Sachverhalte einfacher damit zu verknüpfen. Im Methodenpool des Mercator-Instituts für Sprachförderung finden sich dazu verschiedene spielerische Umsetzungsvorschläge, etwa ein «Bilddiktat» oder «Bildsequenzen».

«SBU ist auch für starke Klassen wichtig»

Auch begabte Schülerinnen und Schüler können ihr Potenzial nicht immer voll ausschöpfen, wenn passende sprachliche Unterstützungselemente fehlen. Das verbindliche und aufbauende Einführen von sprachfördernden Lernstrategien wie Mindmapping, Führen eines Lernjournals oder auch Portfolioarbeit fördert das selbständige Arbeiten und eröffnet ihnen Wege, um die vorgegebenen Lernziele mit eigenen Ideen anzureichern. Stärken wir alle Schülerinnen und Schüler auf diesem Weg, entspricht das in einem umfassenden Sinn dem Gedanken der integrativen Schule.

«Mit Hospitationen und Feedback stärken wir das Team»

Sprachbewussten Unterricht an einer Schule erfolgreich umzusetzen, gelingt einfacher, wenn sich Lehrpersonen gegenseitig unterstützen. Sei es bei der Festlegung von fachspezifischen Schwerpunkten, beim Erarbeiten eines gemeinsamen Fachwortschatzes und nicht zuletzt auch mit gegenseitigen Unterrichtsbesuchen und kollegialem Feedback. So können sie mit der Unterstützung der Schulleitung ein starkes Netz im Team knüpfen, ein Netz, das trägt – nicht nur für den sprachbewussten Unterricht. Um kollegiales Feedback zu vereinfachen, gibt es stufenspezifische Checklisten mit Beobachtungsrastern, die auch als Selbsteinschätzung in Bezug auf SBU dienen können.

«SBU muss sich lohnen»

Was ist der «Lohn» für die Bereitschaft, sich als ganze Schule um sprachbewussten Unterricht zu kümmern? Wenn Schülerinnen und Schüler den täglichen Anforderungen gewachsen sind, sich für ein Thema begeistern können, gerne zur Schule kommen und den Mut haben, auch Fehler zu machen, sind alle Beteiligten auf dem besten Weg hin zu einer gesunden Schulkultur. Der sprachbewusste Unterricht ist gewiss nicht das alleinige Rezept zum Erreichen dieses hohen Ziels, aber wenn es bei Schülerinnen und Schülern sprachlich harzt, rückt dieses Ziel für sie in weite Ferne. Die Umsetzungselemente auf der SBU-Website geben Anregungen, wie SBU praktisch in der Schule umgesetzt werden kann, dies jeweils angepasst an die Situation und die Ressourcen der Schule: Teams können damit fachspezifische Schwerpunkte definieren und erproben, der Aufwand bleibt überschaubar, doch die Schülerinnen und Schüler können davon profitieren.

Regula Rohland und Brigitta Kaufmann, Pädagogisches Zentrum PZ.BS

Sprachbewusster Unterricht, kurz SBU, ist unbestritten eine gute Sache und ein Entwicklungsschwerpunkt vieler Basler Schulen. Von der Idee bis zur alltäglichen Verankerung in Unterricht und Tagesstruktur sind aber viele kleine Umsetzungsschritte zu gehen. Wie diese aussehen können und wo es Stolpersteine gibt, haben im Juni 2022 Schulleitende, Lehrpersonen, Mitarbeitende der Tagesstrukturen sowie weitere Fachpersonen an einem Netzwerktag diskutiert, der vom Pädagogischen Zentrum PZ.BS in Zusammenarbeit mit der Fachstelle Pädagogik organisiert wurde. In einer dreiteiligen Serie im Basler Schulblatt werden die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst und ergänzt. Dabei stehen Aussagen aus der Praxis im Zentrum, die im Rahmen eines World-Cafés und einer Gesprächsrunde getätigt worden sind.

Lesen Sie auch Teil 1 im Basler Schulblatt 4/2022: «Haltung und Selbstreflexion sind für ein gutes Gelingen zentral» und in der nächsten Ausgabe «Sprachbewusst unterwegs – im gesamten Schulalltag».

Weiterführende Informationen gibt es auf dem Basler Bildungsserver unter www.edubs.ch/sprachbewusst

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