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Ein Jahr unterwegs mit Testklassen Digitalisierung / Teil 5

22.06.2021
Alle drei Lehrpersonen, die das Schulblatt begleitet hat, ziehen nach einem Jahr eine positive, um nicht zu sagen fast schon begeisterte Bilanz. Thomas Biehler, Ladina Guida und Susanne Jutzeler sehen alle noch viel Potenzial, das nicht ausgeschöpft ist, und sind überrascht, wie schnell ihre Klassen gelernt haben, mit den Geräten umzugehen.

«Vieles wäre in analoger Form gar nicht möglich»

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Thomas Biehler, Zentrum für Brückenangebote Gundeldingen

«Nicht nur ich, auch die Schülerinnen und Schüler haben von den absolut neuen Möglichkeiten, die sich durch die Geräte im Unterricht auftun, sehr profitiert. Obwohl es ab und zu technische Probleme gab, fällt meine Bilanz deshalb grossmehrheitlich positiv aus.» So fasst Thomas Biehler die Erfahrungen zusammen, die er zusammen mit seinem Kollegen Johannes Kunzmann bei der Erprobung der Testgeräte mit seiner PRIMA-Klasse gesammelt hat.

Für den Unterricht in einem Brückenangebot ermöglicht die Ausrüstung aller Schülerinnen und Schüler mit einem persönlichen Gerät attraktive Unterrichtseinheiten, die in analoger Form gar nicht möglich wären. Ein Jahr lang hat Biehler verschiedene Software ausprobiert und einige Weiterbildungen besucht. Das Potential, das die Geräte für den Unterricht bieten, hat er aber bisher erst ansatzweise ausschöpfen können. Er ist deshalb froh, dass er im nächsten Jahr mit den gleichen Geräten in einer neuen Klasse weiter ausprobieren kann, wo und wie ein digitalisierter Unterricht  Sinn am ZBA macht. Entgegen den ursprünglichen Plänen kann die jetzige Testklasse ihre Testgeräte nicht behalten. Obwohl ja nicht diese Geräte vom Typ HP Elite X2 G2 zur Anschaffung an den Basler Schulen ausgewählt wurden, gehen sie zurück an die ICT und werden im nächsten Schuljahr dem folgenden Jahrgang zur Verfügung gestellt. Wer beim Probelauf auf den Geschmack gekommen ist, kann allerdings für 100 Franken ein anderes Gerät kaufen, das vorher an einer Sekundarschule im Einsatz war.

Bei allen positiven Seiten sieht Thomas Biehler gerade an seiner Schule, an der oft selbstorganisiert gearbeitet wird, auch gewisse Tücken. Da mit den Geräten technisch sehr viel möglich ist, müsse man als Lehrperson schon aufpassen, dass nicht auf einmal irgendwo ein lustiges Youtube-Filmchen oder sonst eine andere private Ablenkung läuft. «Das hat es, allerdings in abgeschwächter Form, schon früher ab und zu gegeben, als das Handy im Gegensatz zu heute im Unterricht noch nicht generell verboten war», räumt Biehler ein.

Aufgezeichnet von Peter Wittwer

«Absolut positive Erfahrung!»

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Ladina Guida, 6. Klasse Primarschule Erlenmatt
«Meine Hoffnungen und Erwartungen Anfang Schuljahr? Ich habe mir Bewegung im Unterricht versprochen. Und mehr Möglichkeiten, vor allem die Schwächeren fördern zu können.
Haben sich die Hoffnungen erfüllt? Absolut! Mein Unterricht ist deutlich vielfältiger geworden. Allerdings dachte ich, mehr unterschiedliche Apps einsetzen zu können. Es gibt so tolle Sachen! Schliesslich haben wir aber doch weitgehend mit den klassischen Programmen Word, Power Point und E-Mail gearbeitet. Darin haben meine Schülerinnen und Schüler aber wirklich viele Kompetenzen erworben! Momentan sind sie daran, selbständig eine Schülerzeitung zu machen.

Was war schwieriger als gedacht? Eigentlich hatten wir erstaunlich wenig Schwierigkeiten. Am ehesten machte anfänglich das Abspeichern Mühe. Vielmehr das Wieder-Finden. Die Kinder hatten Mühe mit Begriffen und Funktionen wie Cloud, Drive, Festplatte … Das hätte ich vielleicht sorgfältiger einführen müssen.

Was mich am meisten überrascht hat? Wie schnell die Kinder lernen! Ich glaube, sie sind punkto  elektronischer Geräte einfach positiv getriggert. Es macht ihnen viel mehr Spass, wenn sie mit dem EduBS-Book arbeiten können. Und es gibt ja auch wirklich tolle Darstellungen in den digitalen Lehrmitteln. Sie sind farbiger und interessanter als Arbeitsblätter. Schon beim ersten Klick passiert etwas. Das ist spannend und anregend.

Was würde ich im Nachhinein anders machen? Nicht viel. Digitaler Unterricht ist ein Learning by Doing. Auch beim nächsten Mal werde ich den Hauptfokus zu Beginn auf den Datenschutz legen. Darin werden wir ausgezeichnet unterstützt durch das ICT-Team. Auch wenn Schülerinnen oder Schüler ein Problem mit ihrem Gerät hatten, konnten sie selber telefonieren oder vorbeigehen. Dabei haben sie viel gelernt.

Mein Tipp für Lehrpersonen, deren Klassen nun ebenfalls eigene Geräte erhalten: Setzt einen Fokus auf Sicherheit in der Datenwelt. Und: Achtet auf einen sachgerechten und pfleglichen Umgang mit den Geräten. Zum Teil sehen die schon nach wenigen Monaten schlimm aus!»

Aufgezeichnet von Yvonne Reck Schöni

«Ich habe mir viele Ziele gesetzt»

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Susanne Jutzeler, 1. Klasse Sekundarschule St. Alban 

«Das Pilotjahr ging wahnsinnig schnell vorüber. Es wäre illusorisch zu denken, dass dabei ein pädagogisches Konzept für den künftigen digitalen Unterricht entstanden ist. Ich könnte mir vorstellen, dass sich einige Lehrpersonen so etwas wie ein Handbuch wünschen würden. 

Wir als Pilotklasse haben ein Jahr lang ausprobiert und sind deshalb etwas weiter als andere. Aber wir sind noch nicht am Ziel angekommen und werden es auch nie. Als Lehrperson ist man allgemein nie angekommen. Es gehört gewissermassen zum Jobprofil, dass man ständig in einem grossen Teich schwimmt. Man sieht ständig hier und dort Dinge, die man anpacken könnte. Sei es ein Theaterprojekt, ein neues Buch oder eine Idee beim Durchblättern von Bildung Schweiz.

Man muss die Digitalisierung in einen pädagogischen Gesamtkontext einbetten. Ich will es mit diesem Bild erklären: Die Schülerinnen und Schüler halten ein Seil in den Händen, an dem sie sich für die Zukunft orientieren. Das Digitale ist einer von vielen Fäden. Dieser muss zwingend im Seil integriert sein in der heutigen Welt – es darf jedoch nicht überhandnehmen. Das ist das Kunststück. Es ist wichtig, dass wir immer wieder genau hinschauen und uns überlegen: digital oder analog? Lege ich dieses Übungsblatt für die Klasse bei Teams ab oder kopiere und verteile ich es?

Wenn ich zurückschaue auf das vergangene Pilotjahr wird mir klar, dass ich mir viele Ziele gesetzt habe. Ich wollte allerhand ausprobieren und am liebsten bei jedem Programm sattelfest sein. Der Austausch mit verschiedenen Kolleginnen und Kollegen zeigte mir, dass ich nicht alles können muss. Ich muss mir als Lehrperson eingestehen, dass es Zeit braucht. Im Alltag kommen laufend andere Dinge dazu: eine Schülerin mit Problemen oder ein Kollege, der Unterstützung benötigt. Dann kümmert man sich natürlich zuerst darum.

Hilfreich im digitalen Unterricht – genauso wie beim analogen Arbeiten – finde ich eine gute Organisation. Es lohnt sich, mit der Klasse Themen rund um alles Digitale gut zu besprechen: Umgang mit dem Gerät und den Programmen, Benennen und Speichern von Dokumenten, Kommunikation in der Klasse und mit Lehrpersonen etc. Die bisher ordentlichen Schülerinnen und Schüler sind übrigens nicht zwingend diejenigen, die sich auch im digitalen Umfeld gut zurechtfinden….»

 Aufgezeichnet von Jacqueline Visentin

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