Sie sind hier: Startseite / Publikationen / Basler Schulblatt / Artikel / Arbeitsgruppe KI – eine Reise in die Zukunft

Artikelaktionen

Arbeitsgruppe KI – eine Reise in die Zukunft

26.10.2023
In rasantem Tempo verbessern sich die KI-Applikationen, bewährte Lehr- und Prüfungsformen geraten unter Druck und Gewohnheiten müssen überdacht werden. Neben Begeisterung und Neugier zeigen sich auch Unsicherheiten, Ärger und Ängste bei Lehr- und Fachpersonen, Schülerinnen und Schülern und Eltern.

KI an den Volksschulen

Startpunkt für den Umgang mit KI an den Volksschulen: Maria Papanikolaou, akademische Mitarbeiterin der Fachstelle Pädagogik, sprach Anfang September am Kick-Off der Fachkonferenzen in der Aula des Gymnasiums Leonhard über die Wichtigkeit, sich gegenüber KI-Tools nicht zu verschliessen.

Nach einem kurzen historischen Exkurs und einem Überblick zu den unterschiedlichen Ausprägungen von KI und deren Anwendungen, arbeitete Maria Papanikolaou in ihrem Beitrag sehr schön die paradoxe Struktur der künstlichen Intelligenz heraus, wo Chancen und Risiken zwei Seiten derselben Medaille bilden. Sie ermunterte ihr Publikum dazu, frühzeitig in die Diskussion einzusteigen. Dafür formulierte sie einige noch offene Fragen: «Wie stellen wir sicher, dass keine schützenswerten Personendaten in die KI-Plattformen gelangen? Wie stellen wir sicher, dass die Jugendlichen einen bewussten Umgang mit der KI lernen? Wie stellen wir sicher, dass KI-Tools verantwortungsbewusst eingesetzt werden und dass die Arbeitsergebnisse originär sind? Was ist die Eigenleistung einer Schülerin oder eines Schülers, die mit einer Note honoriert wird?» Am Ende des Beitrags stand die Anregung, sich nicht zu verschliessen, sondern die KI-Tools lustvoll zu erkunden: «Nur wenn wir explorativ vorgehen, werden wir in der Lage sein wissend zu diskutieren ­– Sinnvolles und Neuwertiges zu gestalten für unseren Unterricht, für unsere Schule, für unsere Kinder.» 
Sharepoint zur Präsentation: https://bit.ly/FaKo_KI 

Startpunkt für den Umgang mit KI an den Volksschulen: Maria Papanikolaou, akademische Mitarbeiterin der Fachstelle Pädagogik, sprach Anfang September am Kick-Off der Fachkonferenzen in der Aula des Gymnasiums Leonhard über die Wichtigkeit, sich gegenüber KI-Tools nicht zu verschliessen.

Nach einem kurzen historischen Exkurs und einem Überblick zu den unterschiedlichen Ausprägungen von KI und deren Anwendungen, arbeitete Maria Papanikolaou in ihrem Beitrag sehr schön die paradoxe Struktur der künstlichen Intelligenz heraus, wo Chancen und Risiken zwei Seiten derselben Medaille bilden. Sie ermunterte ihr Publikum dazu, frühzeitig in die Diskussion einzusteigen. Dafür formulierte sie einige noch offene Fragen: «Wie stellen wir sicher, dass keine schützenswerten Personendaten in die KI-Plattformen gelangen? Wie stellen wir sicher, dass die Jugendlichen einen bewussten Umgang mit der KI lernen? Wie stellen wir sicher, dass KI-Tools verantwortungsbewusst eingesetzt werden und dass die Arbeitsergebnisse originär sind? Was ist die Eigenleistung einer Schülerin oder eines Schülers, die mit einer Note honoriert wird?» Am Ende des Beitrags stand die Anregung, sich nicht zu verschliessen, sondern die KI-Tools lustvoll zu erkunden: «Nur wenn wir explorativ vorgehen, werden wir in der Lage sein wissend zu diskutieren ­– Sinnvolles und Neuwertiges zu gestalten für unseren Unterricht, für unsere Schule, für unsere Kinder.» 
Sharepoint zur Präsentation: https://bit.ly/FaKo_KI 

Bild Legende:

Mitten im Geschehen steht die neu gegründete Arbeitsgruppe KI. Sie sammelt, ordnet, vernetzt und strahlt Besonnenheit aus. Das zeigt sich in einem Gespräch mit den beiden Projektleitern Eugen Krieger, Rektor des Gymnasiums am Münsterplatz, und Patrick Langloh, Rektor von Wirtschaftsgymnasium und Wirtschaftsmittelschule.

Der Projektauftrag der Abteilungskonferenz der Mittelschulen (AKOM) an die neu gegründete Arbeitsgruppe KI ist unmissverständlich formuliert. Gefordert ist eine «Handreichung KI an den Mittelschulen BS». Dieser Auftrag ist der Kompass für die Entwicklung neuer Strukturen.

Auch das Ziel ist klar: «Wir wollen Schülerinnen und Schüler und Lehrpersonen dazu befähigen, sinnvoll und kritisch mit künstlicher Intelligenz umzugehen», bringt es Patrick Langloh auf den Punkt. Co-Projektleiter Eugen Krieger ergänzt: «Wir haben die Pflicht, uns jetzt fundiert mit KI zu beschäftigen, das schulden wir den jungen Menschen, denn spätestens an der Universität holt es sie sonst ein».

Vernetzung und Austausch

Wie aber sieht der Weg zu dieser Handreichung aus? Im Gespräch mit den beiden Projektleitern werden zwei Dinge deutlich: Die Arbeitsgruppe KI agiert nicht vom Schreibtisch im stillen Kämmerlein aus, sondern steht in einem pragmatischen Austausch mit den Akteurinnen und Akteuren in der Praxis, an den Schulen und den Hochschulen. So wurde in Anlehnung an die Universität Basel etwa in Kürze ein Leitfaden zum Zitieren von KI entwickelt. «Bei den laufenden Maturarbeiten musste dringend eine konkrete Handhabung her», erklärt Langloh. Der enge Austausch mit der Universität liegt auf der Hand denn, so Krieger: «Als Zubringer müssen wir unsere Gymnasiastinnen und Gymnasiasten fit machen für das, was nachher an der Uni gilt».

Auch kantonsübergreifend wird vernetzt. Über die Konferenz der Gymnasialrektorinnen und -rektoren etwa läuft ein regelmässiger Austausch. Andere Kantone wie zum Beispiel Zürich, haben ebenfalls solche Arbeitsgruppen gebildet, da wird versucht, Synergien zu schaffen. «Im Vergleich mit anderen Kantonen stehen wir gut da», resümiert Krieger.

Breite Vernehmlassung

Aus diesem Vernetzungsgedanken heraus ergibt sich das zweite Merkmal der Arbeitsgruppe: eine konsequente Bottom-up-Haltung. Es soll nicht von oben herab verfügt, sondern aus der Praxis heraus entwickelt werden. «Diese AG ist kein Beschlussgremium, sondern ein Think Tank», stellt Krieger klar. «Es geht hier um ein Vorspuren, ein Vordenken im Dialog mit den Kollegien. Wir legen nichts fest ohne Rücksprache», meint Langloh, «Ziel ist, dass wir am Ende zu Beschlüssen kommen, die verbindlich gelten, aber erst nach einer breiten Vernehmlassung durch unterschiedliche Stakeholder – wie etwa die Fachkonferenzen oder die AKOM. Die geforderte Handreichung muss von einer klaren Mehrheit mitgetragen werden. Wir wollen auf keinen Fall vorschnell mit Reglementierungen ins Kraut schiessen, um dann später zu realisieren, dass vieles nicht bedacht wurde.»

Bedachtsames Vorgehen

Konkreter Handlungsbedarf besteht zurzeit bei den aktuellen Maturarbeiten. Das Zitieren von KI und der Einsatz von KI-Detektoren zur Erkennung eines allfälligen Betrugs mussten schnell geregelt werden, um den Workflow aufrecht zu erhalten. Aber bei allen anderen Aspekten gehen die Projektleiter mit Bedacht vor: «Wir bewegen uns auf einem Gebiet, in dem sich alles so schnell verändert, dass wir zuerst etwas Erfahrungen sammeln müssen. Natürlich wird die Entwicklung auch in einem Jahr nicht abgeschlossen sein, aber wir haben dann als Grundlage zumindest einen ersten Erfahrungsschatz. Ich bin zum Beispiel überzeugt, dass wir uns in den kommenden Jahren noch viel stärker mit rechtlichen Fragen auseinandersetzen müssen. Mit Haftungsfragen etwa. Was passiert, wenn eine KI etwas Fehlerhaftes produziert? In unserem Bereich ist das vergleichsweise harmlos, das bleibt im Bereich des Papiers. Aber was ist mit autonom gesteuerten Fahrzeugen, die einen Unfall produzieren? Das sind Fragen, die wir als Gesellschaft beantworten müssen», konstatiert Langloh.

Soziale Komponenten

Neben dem rechtlichen Aspekt verweist Eugen Krieger auf soziale Komponenten, die bedacht werden müssen. Wie sieht es etwa mit der Chancengleichheit aus? Es gebe Stimmen, wie zum Beispiel diejenige von Professor Dr. Martin Vetterli von der ETH Lausanne (EPFL), die warnen, dass sich die gesellschaftliche Schere zwischen einer gut ausgebildeten Gruppe von Menschen, die mit KI einen maximalen Output generieren kann, und Menschen aus eher bildungsfernen Verhältnissen in Zukunft noch grösser werde.

Im Schulalltag stellt sich ganz konkret die Frage nach der Verfügbarkeit der KI-Applikationen. Neben der allgemein zugänglichen Gratisversion des Chatbots ChatGPT 3.5 von OpenAI zum Beispiel, gibt es bereits kostenpflichtige Premiumangebote mit einem privilegierten Zugang. Was heisst das für die Schulen? Wie wird verhindert, dass Kinder aus sozial schwächeren Verhältnissen keine Nachteile haben? «Es gibt dazu unterschiedliche Überlegungen, etwa ob und wie wir gute Lizenzbedingungen aushandeln können», skizziert Langloh diese Diskussion.

Verschiebungen im didaktischen und pädagogischen Bereich

Ein Kerngeschäft der Arbeitsgruppe sind natürlich die didaktischen und pädagogischen Verschiebungen, welche durch die KI ausgelöst werden. Eine Tendenz heben beide erfahrenen Pädagogen hervor: Die Mündlichkeit gewinne laufend an Bedeutung, denn nur im Gespräch könne die Eigenleistung einer Arbeit noch sicher beurteilt werden. Offen sei auch die Auswirkung der verfeinerten KI auf die Open-Source-Prüfungen. «Wie kann man Prüfungsgerechtigkeit schaffen, wenn da in einer Maturprüfung plötzlich ein Chatbot den schriftlichen Teil übernimmt», umreisst Eugen Krieger das Problem.

Je nach Fach seien die Herausforderungen für den Unterricht unterschiedlich. Für alle Disziplinen jedoch gelte: «Fachkompetenz ist nicht ersetzbar, sonst sind wir diesen Maschinen ausgeliefert. Es ist ein Auftrag der Schulen, Fachkompetenz zu fördern und zu pushen, damit man mündig und kritisch mit KI umgehen kann.»

Die Dynamik der Veränderung

Dann ist da die unglaubliche Dynamik der Veränderung, die seit dem vergangenen November mit dem Siegeszug von ChatGPT noch einmal eine neue Dimension erreicht hat. «Ich spüre im Gespräch mit den Lehrpersonen immer wieder ein Gefühl von Overload. Immer mehr Vertrautes vaporisiert sich. Das löst Unsicherheit, Stress und Zukunftsängste aus», resümiert Eugen Krieger. Und Patrick Langloh ergänzt: «Wir müssen diese Ängste ernst nehmen, dürfen aber nicht in die Igelhaltung verfallen, oder uns totstellen. Denn wir wollen nicht nur begrenzen oder reglementieren und immer allem hinterherrennen, sondern wir wollen mit Umsicht einen Rahmen schaffen, der Entwicklung zulässt. Wir möchten Lernende und Lehrende mitnehmen auf eine Reise, bei der man sich nicht ausgeliefert fühlt, sondern wo man mitgestalten kann».

Bild Legende:
Arbeitsgruppe KI
Die Arbeitsgruppe KI wurde im März 2023 von der Abteilungskonferenz der Mittelschulen (AKOM) gegründet. Sie umfasst neben den beiden Projektleitern je eine Vertretung aus allen sechs in der AKOM angesiedelten Mittelschulen (Fachmaturitätsschule, Gymnasium Bäumlihof, Gymnasium Kirschgarten, Gymnasium Leonhard, Gymnasium am Münsterplatz sowie Wirtschaftsgymnasium und Wirtschaftsmittelschule). Bei der Verteilung der Mandate wurde darauf geachtet, dass aus unterschiedlichen Fachbereichen Lehrpersonen mit einer Affinität zu KI und entsprechender Erfahrung im Unterricht ausgewählt wurden. Jedes Mitglied hat einen eigenen Zuständigkeitsbereich. Die AG trifft sich viermal im Jahr. Der Projektauftrag besteht darin, eine Handreichung «KI an den Mittelschulen BS» zu entwickeln. (cs)

 

Text & Fotos: Charlotte Staehelin

KI an den Volksschulen

Startpunkt für den Umgang mit KI an den Volksschulen: Maria Papanikolaou, akademische Mitarbeiterin der Fachstelle Pädagogik, sprach Anfang September am Kick-Off der Fachkonferenzen in der Aula des Gymnasiums Leonhard über die Wichtigkeit, sich gegenüber KI-Tools nicht zu verschliessen.

Nach einem kurzen historischen Exkurs und einem Überblick zu den unterschiedlichen Ausprägungen von KI und deren Anwendungen, arbeitete Maria Papanikolaou in ihrem Beitrag sehr schön die paradoxe Struktur der künstlichen Intelligenz heraus, wo Chancen und Risiken zwei Seiten derselben Medaille bilden. Sie ermunterte ihr Publikum dazu, frühzeitig in die Diskussion einzusteigen. Dafür formulierte sie einige noch offene Fragen: «Wie stellen wir sicher, dass keine schützenswerten Personendaten in die KI-Plattformen gelangen? Wie stellen wir sicher, dass die Jugendlichen einen bewussten Umgang mit der KI lernen? Wie stellen wir sicher, dass KI-Tools verantwortungsbewusst eingesetzt werden und dass die Arbeitsergebnisse originär sind? Was ist die Eigenleistung einer Schülerin oder eines Schülers, die mit einer Note honoriert wird?» Am Ende des Beitrags stand die Anregung, sich nicht zu verschliessen, sondern die KI-Tools lustvoll zu erkunden: «Nur wenn wir explorativ vorgehen, werden wir in der Lage sein wissend zu diskutieren ­– Sinnvolles und Neuwertiges zu gestalten für unseren Unterricht, für unsere Schule, für unsere Kinder.» 
Sharepoint zur Präsentation: https://bit.ly/FaKo_KI 

Text: Charlotte Staehelin